Newsletter im Browser anzeigen

Die Bundesregierung hat heute im Ministerrat ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, das unmittelbar auf die Amoktat am Grazer BORG Dreierschützengasse reagiert. Der Fokus liegt dabei auf der Unterstützung der Opfer und Hinterbliebenen, dem Schutz von Schulen, einer Anpassung des Waffenrechts, dem Ausbau präventiver Angebote für Jugendliche sowie medienrechtlichen Anpassungen.

1. Deutliche Verschärfung des Waffenrechts

Das Waffenrecht wird grundlegend reformiert, um Missbrauch zu verhindern und Sicherheitslücken zu schließen.

  • Überprüfung der Zuverlässigkeit vor Erwerb jeder Schusswaffe
  • Verschärfte waffenpsychologische Gutachten und damit Unterbindung von „Kombipaketen“
  • Verbesserter Datenaustausch zwischen Waffenbehörden und psychischen Gesundheitseinrichtungen
  • Nutzung von Stellungsergebnissen bei der Waffenüberprüfung
  • Möglichkeit eines bis zu zehnjährigen Waffenverbots bei Auffälligkeiten
  • Stärkere behördliche Zusammenarbeit
  • Pflicht zur Abwicklung von privatem Waffenverkauf nur über registrierte Händler
  • Waffenverbot bei schweren gerichtlichen Vorstrafen und Ermittlungen wegen besonders schwerer Delikte
  • Erhöhung des Mindestalters für Kategorie-B-Waffen auf 25 Jahre (mit Ausnahmen etwa für beruflichen Gebrauch)
  • Befristung der Waffenbesitzkarte bei Neuausstellung auf 8 Jahre, verschärfte Verlängerungskriterien
  • Altersabhängige Waffenkarte für Kategorie-C-Waffen unter 25 Jahren
  • Einführung einer vierwöchigen Abkühlphase beim Ersterwerb jeder Schusswaffe
  • Prüfung von gesetzlichen Waffenverbotszonen im Umkreis von Schulen und Kindergärten

2. Verbesserung der Opferhilfe / Einrichtung eines Entschädigungsfonds

Um den Opfern und Hinterbliebenen rasch und unbürokratisch zu helfen, wird ein Fonds in Höhe von bis zu 20 Mio. Euro bereitgestellt.

  • Unterstützung über die Leistungen des Verbrechensopfergesetzes hinaus
  • Zusätzliche Hilfeleistungen für schwer Verletzte und psychisch traumatisierte Betroffene
  • Übernahme von Beerdigungskosten
  • Finanzielle Mittel für die betroffene Schule in Kooperation mit Opferschutzeinrichtungen

3. Maßnahmen für Sicherheit und Prävention an Schulen

Schulen sollen sichere Orte bleiben – daher wird Prävention, psychosoziale Unterstützung und bauliche Sicherheit umfassend gestärkt.

  • Flexibilisierung der mündlichen Matura an der betroffenen Schule
  • Verdoppelung der Schulpsychologinnen und -psychologen in den nächsten drei Jahren
  • Ausbau der Schulsozialarbeit auf alle Bundesschulen
  • Verstärkte externe Präventions- und Gesundheitsangebote
  • Erhöhung der Mittel für das Projekt „Gesund aus der Krise“
  • Anpassung von Präventions- und Sicherheitskonzepten inkl. Notfallübungen
  • Flächendeckende Sicherheitsschulungen ab dem neuen Schuljahr auch für Lehrkräfte.
  • Verbindliche Gespräche bei Schulabbruch/Suspendierungen unter Einbindung von Familie, Supportpersonal und Behörden
  • Einführung von Fallkonferenzen für auffällige Schülerinnen und Schüler mit Polizei, Jugendamt und weiteren Stellen
  • Evaluierung und Nachschärfung der Zugangskonzepte der Schulstandorte

4. Maßnahmen bei isolierten Jugendlichen / NEETs

Zur Prävention von Radikalisierung und sozialer Isolation wird die Unterstützung für Jugendliche ausgeweitet.

  • Ausbau psychischer Erste-Hilfe-Schulungen für Berufsgruppen mit Kontakt zu Jugendlichen
  • Stärkung des Jugendcoachings zur Betreuung von Jugendlichen mit Ausbildungs- und Arbeitsmarktproblemen
  • Verpflichtende Deradikalisierungs-Workshops in AMS-Jugendangeboten
  • Förderung aufsuchender Online-Jugendarbeit und Ausbau digitaler Jugendarbeit
  • Ausbau und Absicherung der außerschulischen Jugendarbeit (offen und verbandlich)
  • Stärkung von Jugendberatungsangeboten und Kinder-/Jugendhotline 147
  • Ausbau von Kinderschutz- und Gewaltpräventionsprojekten

5. Verantwortung der Medien

Medienethische Standards sollen künftig bei der Berichterstattung über Amoktaten stärkere Berücksichtigung finden. Dafür werden folgende Maßnahmen ins Auge gefasst:

  • Anpassung der Parameter für den Bezug von Medienförderungen
  • Nachschärfung der Kriterien für die Zulassung für audiovisuelle Mediendienste
  • Weiterentwicklung der Maßnahmen gegen gesetzwidrige und hetzerische Online-Inhalte auf nationaler und EU-Ebene
  • Transparente Beschränkungen und Aufklärung über Social Media für Kinder und Jugendliche
  • Ausbau der Medienkompetenz-Angebote (z. B. über Saferinternet.at)


Bundeskanzler Christian Stocker:

"Der grausame Amoklauf, der sich letzten Dienstag am Grazer BORG Dreierschützengasse ereignet hat, ist eine nationale Tragödie und hat ganz Österreich zutiefst erschüttert. Heute, eine Woche danach, ziehen wir konkrete Lehren aus dieser Tat und lösen das Versprechen ein, das wir den Angehörigen, den Betroffenen und ganz Österreich gegeben haben. Mit einem umfassenden Maßnahmenpaket verschärfen wir das Waffenrecht, erhöhen die Sicherheit und Prävention an unseren Schulen, bauen die Angebote zur Prävention und Betreuung gefährdeter Jugendlicher weiter aus und stellen wir die Unterstützung von Opfern und Hinterbliebenen durch einen eigenen Entschädigungsfonds in der Höhe von 20 Millionen Euro sicher. Mit den geplanten Verschärfungen setzen wir gezielt auf mehr Sicherheit und wirksame Vorsorge – ohne den verantwortungsvollen legalen Waffenbesitz pauschal in Frage zu stellen. Unser Ziel ist klar: Unsere Schulen müssen Orte bleiben, an denen die Schülerinnen und Schüler unbeschwert lernen, wachsen und Freundschaften schließen können. Mit diesem Maßnahmenpaket stellen wir die Weichen, damit das gelingt und sich alle darauf verlassen können, dass unsere Kinder in der Schule sicher sind."


Vizekanzler Andreas Babler:

"Der Amoklauf in Graz am 10. Juni hat unser Land tief erschüttert. Zehn Menschen wurden brutal ermordet. Elf weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Die Familien, Freundinnen und Freunde, Lehrerinnen und Lehrer, Mitschülerinnen und Mitschüler der Opfer – sie alle bleiben mit einem Schmerz zurück, der nicht vergeht. Wir haben eine dreitätige Staatstrauer begangen – aber wir schulden den Opfern mehr als Beileidsbekundungen. Wir schulden ihnen Konsequenz. Die Politik muss handeln. Und dem kommen wir jetzt nach – mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket. Am wichtigsten: Wir werden das Waffengesetz massiv verschärfen. Wer gefährlich ist, soll keine Waffen mehr besitzen. Punkt. Darüber hinaus werden wir alles tun, um zu verhindern, dass sich so ein Anschlag je wiederholt. Wir investieren in Prävention, psychologische Betreuung und die Sicherheit unserer Schulen. Um die Opfer zumindest finanziell zu entschädigen, nehmen wir 20 Millionen Euro in die Hand, um etwa Begräbniskosten und psychologische Betreuung zu finanzieren. Und wir werden, das ist mir in meiner Funktion als Medienminister ein Anliegen, die Rolle der Medien bei der Berichterstattung rund um den Amoklauf genau reflektieren und daraus gegebenenfalls Maßnahmen ableiten. Denn: Anstand ist keine Einschränkung der Pressefreiheit – sondern ihre moralische Grundlage."


Außenministerin Beate Meinl-Reisinger:

"Nach der grausamen Tat in Graz haben wir heute gemeinsam ein Paket an konkreten Konsequenzen und Maßnahmen im Ministerrat beschlossen. Unser Ziel ist es, dass alle Menschen in Österreich sicher sind. Das gilt insbesondere auch für unsere Kinder. Je früher wir solche Bedrohungen und Geschehnisse erkennen und verhindern können, umso besser. Daher setzen wir neben unbürokratischer Unterstützung für die akut Betroffenen, verschärften Waffengesetzen und einem besseren Datenaustausch auch Schritte für ein verstärktes Präventionsnetz. Unsere Sicherheit beginnt mit guter psychischer Gesundheit."